20.3.06

Auf dem Weg nach oben

Schön, dass so viele da waren und uns beim Konzert so bejubelt haben - es hat echt Spaß gemacht! Reich und berühmt sind wir zwar immer noch nicht und meines Wissens ist auch niemand der Band von irgend'nem Produzenten angesprochen worden, aber Rock'n Roll war es insgesamt trotzdem:

Wir waren von den Alt-68er ExhausbesetzerInnen für 17 Uhr zum Soundcheck bestellt, kurz vor sechs war Wabash vollständig. Um viertel nach Sechs begannen die Tonfuzzis damit, das Equipment auf die Bühne und zum Mischpult zu schaffen und langsam aufzubauen. Aha.
19 Uhr: unverändert; Wir lungern im "Backstage"-Bereich (eins der Hostelräume des Mulitfunktionsladens) bei Mineralwasser und Saft herum (Organisatorin A dazu: Bier gibt's für die Bands erst nach dem Soundcheck!).
19.30: Sängerin K und ich gehen zur Theke, dann kaufen wir uns den Alkohol eben selber.
20 Uhr: Wir packen in dem kleinen Raum unsre Instrumente aus, spielen "Pippi Langstrumpf". Die Kinder des alternativen Koch-Gemeinschaft-what ever-Projekts, die die ganze Zeit in der Küche nebenan herumwuselten, stürzen herbei und wollen 27 Zugaben.
20.30: Ich gehe raus in den Saal und sage meinen Eltern und FreundInnen Hallo, vertröste sie mit unserem Auftritt auf unbestimmte Zeit. Inzwischen macht die Band, die nach uns dran sein sollte, Soundcheck.
21:15: Die erste Band - die HeavyMessing Dingsbums - tritt auf, im Marchingband Stil mitten im Publikum. Das war's dann wohl mit unserem Soundcheck. Dafür haben wir inzwischen eine Kiste Bier hinten. Die Organisatorin kommt wieder zu uns: Die dritte Band (die mit dem Soundcheck) würde irgendwie herumstressen und als Zweite auftreten, wir wären dann die dritten. Und von der letzten Band würde bislang jegliche Spur fehlen. Äh - bitte? Ich beschließe gerade, mir wider besseren Wissens dann eben noch ein Bier zu nehmen, als es heißt "KOmmando zurück", wir sollen doch als Zweite auf die Bühne.
22 Uhr: Wabash on stage! Statt Soundcheck gibt's nur ein kurzes Anspielen aller Instrumente vor vollem Saal. Vom langen Warten völlig weichgekocht ist mir inzwischen alles ziemlich egal; Lampenfieber habe ich jedenfalls schon lange keins mehr...
22:05: Wir fangen an. Wie befürchtet und erwartet ist der Sound auf der Bühne erstmal katastrophal: Feedbacks, ich höre die Geige meistens gar nicht auf dem Monitor, ach egal. Den Leuten scheints zu gefallen, Himmel - mir war bislang noch gar nicht aufgefallen, wie rappelvoll der Saal inzwischen ist.
22:25: Ein alter Mann drängelt sich durch das Publikum nach vorne durch, baut sich in der ersten Reihe vor uns auf und fängt lauthals an zu schimpfen: "Ballermannmusik! Das ist doch Ballermannmusik, was Ihr da spielt! So was gibt's hier in diesem Haus nicht!!!" Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie mein Bruder zu Freund J irgendwelche gar nicht nett aussehende Gesten und Grimassen macht, sieht mir sehr nach "Los, lass uns zu dem Alten gehen und ihm richtig einen auf die zwölf verpassen!" aus. Opi ist aber anscheinend hausbekannt und wird bereits vom freundlich aber bestimmten Mitorganisator herausgeschoben.
22:30: Wir spielen "You're my sunshine" an, diverse Leute fangen tatsächlich spontan an zu jubeln und mitzugrölen. Ein älteres Pärchen in der ersten Reihe geht richtig mit und kriegt sich kaum noch ein bei dem Stück - Sachen gibt's...
Etwas später irgendwann: Fertig! Alle - na, zumindest alle unseren persönlichen Gäste - schreien nach Zugabe, ist aber wegen Zeitmangel nicht drin. Ist uns ganz recht, so haben wir einen ganz coolen Abgang: Letztes Stück, fertig, tschüss.

Schulterklopfen und Umarmungen hinterher ("Lass mich den Star umarmen!" - hihi), fühlt sich ja nicht schlecht an, beinahe Rockstar zu sein...Während sich übrigens die RaiPolkareggaewirkönnenalles-Band als reine Frauen- bzw. Divenband plus "Praktikant Jörg am Schlagzeug" entpuppte, war die Old School Rock Band tatsächlich ein Haufen Sozialpädagogen oder Sparkassenleiter. Und die 60er Jahre Band, die rechtzeitig zu ihrem Auftritt aufkreuzte, war eine dieser "Zu gut für Laien aber leider hat es für den großen Durchbruch nie gereicht und nun spielen wir seit 20 Jahren als Coverband auf euren Parties"-Bands. Na, dann doch lieber non-conventional Country...

17.3.06

Der große Durchbruch

Als Sozialwissenschaftlerin wird man evtl. schlau, aber bestimmt nicht reich und wohl auch eher nicht berühmt. Deshalb spiele ich noch in einer Band, und die hat morgen die Chance auf ihren großen Durchbruch.
So weit, so unrealistisch. Fakt ist zwar, dass wir morgen tatsächlich so etwas wie unseren ersten "echten" Auftritt haben, aber strategisch schlau geplant im Hinblick auf "entdeckt werden" ist der wohl eher weniger. Wir spielen in einem alternativen, von Alt-68er-Ex-HausbesetzerInnen geführten Kulturzentrum in Kreuzberg (Merke: Wer berühmt werden will, sollte frühzeitig zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtig wichtigen Menschen in Kontakt kommen) und wenn ich mir so die anderen Bands des Abends in der Vorankündigung durchlese, bezweifel ich, dass sich im Publikum Producer und Musik-Prominenz auf der Suche nach dem nächsten Hype tummelt:
- Den Auftakt macht eine Band, deren Stil mit "HeavyMessingWorldMusic" umschrieben wird. Fanfare Ciocarlia auf Speed?
- Dann wir, angekündigt als "Non-Conventional Country Music". Schnarch! Ich seh's schon vor mir: Nachdem die langmähnigen Blechbrassheavy-Typen den Laden auf Touren hochposaunt haben, kommen wir dann auf die Bühne: "Ja halloooo, wir spielen jetzt ein paar Original Bluegrass und Hillybilly Songs aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts aus den USA..."
- Anschließend "Old-School-ROck": Diejenigen, die bei uns noch nicht gegangen sind (also wahrscheinlich unsere eingeladenen Verwandten und engsten FreundInnen), gehen spätestens jetzt, bzw. werden von der Jubeltruppe dieser Band abgelöst.
- Dann gibt's "Rai, Rap, Reggae, Polka UND Ska", alles in einem! Klar: Die Kreuzberger Jugendzentrum 9-Kids-aus-15-Nationen-Band. Hoffentlich mit Tanzeinlagen, das sieht immer schon so lässig aus, wenn die Jungs am U-Bahnsteig Kottbusser Tor den Moonwalk üben...
- zu guter Letzt "60'er Jahre WildRock": ich fress meinen Bogen, wenn das nicht die hauseigene Alt-68er-Ex-HausbesetzerInnen-Band ist, die dann so richtig in Neil Young Coversongs schwelgen wird.

Wie gesagt; DAS wird bestimmt nicht unser großer Durchbruch. Außerdem hat unsere Sängerin mir quasi verboten, meinen coolen Kuhfellrock (Geschenk von J aus München) anzuziehen und die größte Sorge der restlichen BandkollegInen scheint eh zu sein, was wir da für'n Catering kriegen, seufz...

8.3.06

6.3.06

Nachtrag Florenz

1. Die Italiener tragen ihre Sonnenbrillen anscheinend wetterunabhängig, da immer; Die coolen Designergläser werden wahrscheinlich nur zum Schlafen abgelegt.
2. Neu entdeckte "Klischee-Kategorie": Der/die Nahrungsfaschist/in, italienisch: Never never ever trinkt man Cappuccino später als zum Frühstück bzw. am Vormittag. Danach gibt's nur noch Caffé oder meinetwegen Macchiato. Wehe, man hat aus barbarischer Ahnungslosigkeit die falschen Nudeln zur Sauce gekocht! Hinter den 1000 Nudelsorten steckt ein ausgeklügeltes System von Form-Saucenzutaten-Konsistenz-Mengenverhältnis, das zu durchschauen für Laien (also uns) quasi unmöglich ist. Niemals Salziges wie Käse oder gar Schinken/Salami zum Frühstück! Pizza nur dünn und spartanisch belegen! Am besten nur mit 3 Zutaten (wovon 2 natürlich Tomate und Mozzarella sind). Und: Nichtitalienischen Speisen ist grundsätzlich mit Misstrauen oder besser gleich Ablehnung zu begegnen. Dazu schmeckt das eigene Essen wahrscheinlich auch einfach zu gut, seufz.
3. Anfang März ist Frühling, basta. Und in Italien verhält sich das Wetter auch brav dementsprechend, ganz im Gegensatz zu hier.

2.3.06

Promovieren wie Gott in Italien

Gerade noch in Muenchen gewesen, jetzt schon in Florenz, zu Besuch bei Freund J, der das grosse Los gezogen hat, sprich hier am European University Institute in Florenz promoviert. Das sieht dann folgendermassen aus:

Die Uni ist in einem ehemaligen Kloster auf einem Huegel zwischen Florenz und Fiesole, mit entsprechend atemberaubender Aussicht auf die Florenz herunter aud auf die Huegel der Toscana am Horizont. Natuerlich gibt es in der Bibliothek genuegend Computer und Arbeitsplaetze fuer die ueberschaubare Zahl der Studierenden hier, nicht nur das: So ein Arbeitsplatz befindet sich noch dazu stets an einem Terrassenfenster, wo man dann auf die standesgemaesse Terrasse und Parkanlage schaut - Zypressen, Steinbaenke, Palmen, Marmorfiguerchen etc - oder den Blick weiter ueber die zu Fuessen liegende Stadt schweifen lassen kann. Von der Bibliothek zur Mensa fuehrt der Weg durch den ehemaligen Kreuzgang und an einem weiteren Innenhof vorbei, wo im Sommer Baenke, Platanen und plaetschernde Springbrunnen zum Verweilen einladen.
Die Mensa ist nicht mit den Abfertigungsstationen unserer Unis zu vergleichen, wo man in der Regel zwischen frittierten Fleisch"dingern" mit Pommes, paniertem SChwamm mit Glibbergemuese (Vegetarisches Menue), runzelig-zaehem Salat und Milchreis à la "Stein im Magen" waehlen kann, sondern hier gibt es natuerlich Pasta mit erlesenen hausgemachten Sugi, eine Grillbar, wo gegrilltes Lamm, Gemuese, Fisch etc offeriert werden und all das Andere, was zivilisierte Menschen so zu sich nehmen...
Ausserdem poppt auf meinem Bildschirm hier alle halbe Stunde ein kleines Fenster auf, in dem dann "Take a break" steht - ohne Bannerwerbung vn Lavazza oder so, versteht sich.
So - bevor sich jetzt alle vor Neid aus dem 7. Stock stuerzen, hoere ich mal auf - die Mensa ruft ausserdem...