10.5.05

Aktivismus

Obwohl das aktuelle Wetter (tagsüber SonneRegenMix bei erfrischenden 12-14 Grad, nachts schön frostig bei 0-1 Grad - ist ja auch erst Mitte Mai!) eine/n nicht unbedingt auf die Straßen und Plätze Berlin treibt, sollte man sich doch ab und zu raus wagen, sonst verpasst man ja noch Geschichte, die gerade gemacht wird...
So zum Beispiel vor eineinhalb Wochen der berühmte 1.Mai in Berlin-Kreuzberg. Seit morgens kreisten die Hubschrauber über die Straßen hier, Polizeiwagen strichen um die Ecken, in der U-Bahn das Publikum komplett breit und das schon mittags. Und dann das: Keine Krawalle, kein einziger Stein flog, nichts. Stattdessen lustiges Multikultifest und alle machen mit. Na, is ja auch schön. Dafür war ich dann ein paar Tage später auf dem Konzert von baskischen Terroristen gewesen, was mich etwas beruhigte: Der Widerstand ist doch nicht tot. Er hüpft nur auf Konzerten wie ein Flummi und in Begleitung diverser "Soli-Cocktails" auf und ab und singt beseelt "Avanti Populo".
Am letzten Wochenende ging's gleich weiter mit dem 60Jahre-Befreiungs-Mammutprogramm: dank der Liveschaltung zu meinem Bekannten V., der sich tapfer schon vormittags in den schwarzen Block gemischt hat, konnte ich quasi hautnah miterleben, wie die Neonazidemo sozusagen einfach ausgesessen wurde: "Nee, hier tut sich schon seit einer ganzen Weile nix mehr. Wir sitzen hier auf der Brücke- und das bleibt wohl auch erst mal so". Und meine in solchen Schwarzblock-Antifakreisen nun wirklich gar nicht bewanderte, aber an dem Tag da mitgelaufene Kollegin erzählte mir am nächsten Morgen ganz entzückt, wie lieb diese ganzen "kinder" doch alle seien: "Weisste, da haben sie einerseits schwarze Klamotten an und Plakate mit Stinkefinger und so, und dann sitzen sie da aber und packen sich mittags ihr mitgebrachtes und liebevoll verpacktes Butterbrot aus, fand ich ja echt putzig."

Am kommenden Wochenende ist Karneval der Kulturen, geht praktischerweise direkt vor meiner haustür her. Vielleicht sollte ich mich mit Thermoskanne und stets frischem heissen Tee dahin stellen und ein bisschen Samariterin spielen: ich sehe schon die ganzen Teilnehmenden in ihren brasilianischen Fähnchen und exotischen Kostümchen bei 12 Grad und Regenschauer, brrrr....