1.11.05

Früher war alles besser

Früher war alles besser und vor allem pädagogisch wertvoller. Zum Beispiel die diversen Bräuche und Rituale wie etwa das Martinssingen. Das findet im November statt und war für mich immer der erste Hinweis darauf, dass es auf Weihnachten und vor allem auf die Adventszeit zugeht. Martinssingen gab es immer in 2 Varianten. Denen voraus ging tagelanges Basteln der Laternen im Kindergarten bzw. in der Grundschule: Bunte Wachspaiere wurden bemalt/beklebt oder betröpfelt, irgendwie gebügelt und dann aufwendig zu einer Laterne zusammen geklebt. Dann gab's den großen Umzug für alle, mit Martin auf dem Pferd (Doch, der ist woohl echt, Mama!) und dann, Variante 2, noch mal extra das Martinssingen mit einer kleinen Gruppe von Haus zu Haus. Zum Teil zum Entsetzen der Gebenden mit Blök-Flöte begleitet und immer mit vollster Inbrunst performt: 1-2 Lieder wurden immer gegrölt und so lange erbarmungslos wiederholt, bis die Süßigkeiten - hart ersungen - in die verheißungsvoll schwere Tüte fielen...
Und heute? Gestern war Halloween: Den ganzen Tag sausten irgendwelche Kinder mit professionell-karnevalesken Kostümen - die sie bestimmt bei Karstadt gekauft haben - herum: lange schwarzspitze Zauberhüte und schwarzglänzende Umhänge mit orangenen Kürbisgrinsegesichtern war anscheinend am angesagtesten. Und wie beim Martinssingen auch Geklingel an der Haustür, ABER: Statt musikalisch erbaulicher Darbietung nur der schnöde Ausruf "Süßes oder Saures!!!" Sorry, aber für so etwas gebe ich keine Schokolade raus. Und "Saures" ist, wie ich gestern auch erst gelernt habe, die "Drohung", falls es keine Süßigkeiten geben sollte. Äh - hallo? geht's noch?Obwohl mich die Vorstellung, diese kleinen Profi-Abzock-Kürbisgesichter in böswillig-absichtlicher Missinterpretation des Spruches "Süßes oder Saures" mit Gewürzgurken und Rollmops abzuspeisen, doch einige Minuten amüsiert hat...